MORBUS HODGKINHodgkin-Krankheit [nach dem engl. Pathologen Thomas Hodgkin, * 1789, + 1866], die Lymphogranulomatose StartseiteE-Mail an mich - axel@hodgkin-info.deLexikon
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Die Chemotherapie

-Die Qual der Wahl

Nachdem die Diagnose gestellt war, hieß es, die Therapie so bald wie möglich zu beginnen. In meinem Stadium bedeutete das Chemotherapie mit anschließender Strahlentherapie. Doch bevor losgelegt werden konnte, hatte ich die Möglichkeit statt der Standardtherapie auch an der Studiengruppe teilzunehmen.

Zuerst entschloss ich mich, an der Studiengruppe teilzunehmen, weil es hieß, dass dabei die Behandlung besser betreut und protokolliert werden würde. Außerdem hätte man so den Medizinern geholfen die Therapie zu verbessern. Nun werden bei dieser Studiengruppe mehrere Formen der Therapie getestet, die zwar alle nicht viel von der Standardtherapie - die im übrigen schon sehr ausgereift ist - abweichen, aber dennoch ihre spezifischen Eigenarten haben. Welche Therapie man innerhalb der Studiengruppe zugewiesen bekommt, wird per Zufall bestimmt. Leider wollte es derselbe, dass ich eine Therapie machen sollte, bei der die Keimdrüsen höchstwahrscheinlich dauerhaft geschädigt werden würden, ich also unfruchtbar werden würde. Zur Sicherheit hätte ich eine Samenspende vorher machen können, so dass meine Gene gesichert wären. Auf der anderen Seite war es gar nicht sicher, ob eine Verbesserung gegenüber der Standardtherapie bei mir überhaupt eintreten würde und wenn, dann nur in geringem Maße.

Der Preis für diese Form der Therapie erschien mir als zu hoch, so dass ich mich nach einer Bedenkzeit von drei Tagen doch für die Standardtherapie (in Anlehnung an die HD11-Studie) entschied und nicht an der Studiengruppe teilnahm (Eine Teilnahme an der Studiengruppe ist freiwillig und man kann jederzeit aus ihr austreten).

-Die Chemotherapie- Der Therapieplan

Wenige Tage später begann auch schon die eigentliche Therapie. Sie wurde bei mir (wie bei den meisten) ambulant durchgeführt. D.h. man geht zum Arzt und bekommt eine Infusion für ca. 2-3 Stunden und kann danach wieder nach Hause gehen.

Der Ablauf so einer Sitzung ist immer gleich. Morgens kommt man in die Praxis und bekommt als erstes sein Blut getestet. Wenn das OK ist, bekommt man durch eine Infusionsnadel Medikamente zum Schutz der Nieren und gegen die Übelkeit gespritzt. Dann wird der Beutel mit Dacarbazin angelegt, der ca. 1 - 2 Std. leer tropft. Danach bekommt man eine schnell tropfende Salzlösung verabreicht, in die durch einen zweiten Kanal die weiteren Zytostatika in Form von Spritzen langsam hineingemischt werden. Nach so einer Sitzung ist man fix und fertig, man leidet unter Appetitlosigkeit, Übelkeit (Luft im Bauch), Mattheit und allgemeinem extremen Unwohlsein. Wegen der hohen Menge verabreichter Flüssigkeit muss man auch dauernd auf das Klo rennen. Die Leiden nehmen in der Regel nach 5 Tagen ab und man beginnt sich wieder einigermassen "normal" zu fühlen.

Bei mir kam das ABVD-Schema zum Einsatz. ABVD ist die Abkürzung für die Medikamentenzusammensetzung: Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin (DTIC). Diese Medikamente sind sogenannte Zytostatika. Das sind Zellgifte, die insbesondere schnellwachsende Zellen wie Tumorzellen angreifen und vernichten. Aber die Zellgifte greifen auch gesunde Zellen an. Der Trick besteht nun darin, dass sich die gesunden Zellen von den Angriffen erholen können - die Tumorzellen jedoch nicht. Die Lymphome sind so empfindlich gegen die Zellgifte, dass sie sich bereits während des ersten Therapiezyklus stark zurück bilden. Deshalb ist eine Chemotherapie auch bei der Hodgkin-Krankheit so erfolgreich. Ein Zyklus des ABVD Schemas dauert genau 27 Tage. Am 1. und 15. Tag bekommt man eine Infusion des Medikamentencocktails. Das bedeutet, dass man also 8 "Sitzungen" über sich ergehen lassen muss, wenn es heißt "4xABVD".

Durch die zytostatischen Mittel wird insbesondere die Blutbildung der weissen Blutkörperchen (Leukozyten oder liebevoll auch Leukos genannt) im Knochenmark beeinträchtigt. Mit der Reduzierung dieser Leukozyten wird automatisch das Immunsystem des Patienten erheblich geschwächt, da sie einen wichtigen Teil dieses körpereigenen Abwehrsystems bilden. Nun muss während der Chemotherapie darauf geachtet werden, dass die Leukozyten nicht unter einen bestimmten Pegel fallen, da sonst höchste Infektionsgefahr beim Patienten entstehen kann. Aus diesem Grund steht das Blut während der Chemo unter regelmäßiger Kontrolle.

Die Höhe der Dosis bleibt während der gesamten Therapie gleich. Wenn sich die Blutwerte zu stark verschlechtern,, kann es sein, dass sich die Therapie um eine Woche verschiebt. Das passiert bei rund 4/5 der Patienten - ist also nichts Unnormales. Auch im Falle eines Infektes oder bei erhöhtem Bedarf an Erholung kann die nächste Sitzung um eine Woche verschoben werden.

-Wirkungen & Nebenwirkungen

Die ersten Sitzungen habe ich eigentlich ganz gut verkraftet. Während den Sitzungen selbst wurde mir nicht übel. Manchmal traten Hustenreize auf. Doch gegen Ende der Chemotherapie wurde mir schon während den Infusionen teilweise richtig übel und ich musste mich übergeben. Das hing damit zusammen, dass der psychische Druck immer grösser wurde und ein sog. Trigger-Effekt entstand. Das bedeutet, dass alle Stressfaktoren wie Geräusche, Gerüche, schlechter Allgemeinzustand etc. kanalisiert werden und unterbewusst mit der Chemotherapie in Verbindung gesetzt werden. Man kann diesem Effekt bedingt durch Beruhigungsmittel entgegenwirken. Ich persönlich habe die Sitzungen immer besser verkraftet, wenn ich gut ausgeschlafen war, es in der Praxis ruhig war und ich mich ablenken konnte.

Im allgemeinen sollten die Zytostatika relativ langsam verabreicht werden. Dies gilt insbesondere für das hochwirksame Adriamycin (erkennbar an der dunkelroten Färbung). Als es mir einmal viel zu schnell verabreicht wurde, trat bei mir eine Art Schock ein und ich musste mich bis auf die Galle übergeben. Durch die hohe Toxizität (Giftigkeit) der Zytostatika ist es wichtig, dass sie nur in die Blutbahn nicht aber ins Gewebe gelangen dürfen. Deshalb sollte eine gut "fliessende Vene" für die Infusion gefunden werden. Fängt es während der Infusion an der Einstichstelle an zu brennen, sollte man eine andere Vene suchen, da sonst später starke Venenreizungen eintreten können. Bei mir bildeten sich sogar einmal richtige Knoten, die zwar harmlos, aber trotzdem sehr schmerzhaft waren. Doch auch bei gut "fliessenden Venen" traten bei mir Tage später Venenreizungen auf, die anfangs sehr schmerzhaft waren und lange brauchten, bis sie sich wieder beruhigten. Die Venen wurden z. T. richtig hart.

Dass die Nebenwirkungen nicht allzu stark waren, verdanke ich dem Medikament Zofran. Es sorgte dafür, dass das "Brechzentrum" im Gehirn von den Zytostatika nicht so stark gereizt wurde. Sonst hätte ich mich dauernd übergeben müssen. Nach der Chemo musste ich es immer drei Tage einnehmen. Es hat sehr gut bei mir gewirkt, doch hatte auch dieses Medikament seine Nebenwirkungen. Es verursachte sehr starke Verstopfungen (in Kombination mit den Zytostatika) und manchmal bekam ich Schluckauf davon.

Was zu den Übelkeitssymptomen bei mir leider auch nach ca. 3 Wochen eintrat, war Haarausfall. Die Haare fielen zwar nicht alle gleichzeitig aus und "Lücken" entstanden auch erst langsam, doch wachte ich morgens mal mit Haaren im Mund auf oder hatte plötzlich meine Haare im Essen. Für mich war das ein psychisches Problem und so entschloss ich mich, radikal meine Haare abzurasieren. Das sah zwar sehr gewöhnungsbedürftig aus, doch nicht unbedingt schlecht (außerdem: man selbst sieht sich ja eh kaum!). Und seit dem ging es mir in dieser Hinsicht ausgezeichnet. Vom Haarausfall bekam ich kaum mehr etwas mit. Die Haare wuchsen übrigens nach der Therapie alle nach. Sie wuchsen sogar noch viel dichter nach als vorher. In meinem Fall kann ich also die alte "Binsenweisheit" nur bestätigen. Ich persönlich fand das nicht so toll, da ich ohnehin schon dichtes Haar hatte und deswegen extrem trockene Kopfhaut bekam.

Die schlimmsten Nebenwirkungen waren die Entzündungen im Mund, die ich ständig aus Mangel an weissen Blutkörperchen bekam. Sie waren sehr schmerzhaft und hiellten ca. 8 Tage an, was sich stark auf das Allgemeinbefinden auswirkte. Ein wirklich wirkungsvolles Mittel dagegen habe ich bis heute noch nicht gefunden (Kamistad oder Tepilta bringen nur zeitweise Minderung, Bepanthen Roche Lutschtabletten schmecken zwar ganz gut, bringen aber gar nichts. Das Hausrezept Apfelsinen zu essen, ist zwar schmerzhaft, hat mir aber leider - genauso wie Malebrin zu gurgeln - auch nicht viel geholfen). Glücklicherweise plagten mich gegen Ende der Chemotherapie keine Entzündungen mehr im Mund.

Neben diesen primären Nebenwirkungen merkte ich auch, dass die gesamten Körperresourcen angegriffen wurden. Ich fühlte mich zunehmend schwächer, die Kondition liess nach und die Lunge wurde auch sehr empfindlich. Deshalb sollte ich aber nicht in Kummer geraten, denn ich erholte mich doch recht schnell von der Chemo.

Gerade gegen Ende der Chemotherapie können die Nebenwirkungen sehr stark werden. Das ist paradoxerweise meistens ein gutes Zeichen. Die verstärkten Nebenwirkungen können durch gesteigerte Angriffe der Zytostatika auf gesundes Gewebe herrühren, da sie durch zu wenige bzw. keine Krebszellen keine eigentlichen Angriffspunkte mehr finden.

-Meine kleinen Tricks

--- Jeden Tag sich mind. eine Stunde lang an der frischen Luft bewegen --- viel trinken; nicht nur Wasser, das hängt einem bald zum Hals raus (kalte Cola ist übrigens ein Geheimtip) --- Regelmäßig gesund und leicht essen (mediterrane Küche); manchmal kommt der Appetit erst beim Essen --- Während der Chemo etwas zu lesen mitnehmen, sonst kann's endlos werden --- Sinnvolle Aufgaben suchen, um sich abzulenken (ganz wichtig) --- sich über die Krankheit aufklären, aber sie bloß nicht zum Lebensmittelpunkt machen --- wenn die Haare ausfallen: kahlrasieren (bis 1/2 cm oder weniger) --- Häufig waschen, bzw. Bäder mit wohlriechenden Ölen nehmen und tägl. Wäsche wechseln, das lindert die Gerüche, die man wesentlich stärker wahrnimmt als normal. --- Erhöhte Zahnpflege mit einer milden Zahnpasta (Sensodyne), um den Entzündungen vorzubeugen. --- Kaugummikauen, um den faden Geschmack im Mund wegzubekommen. Aber Vorsicht: nicht auf die Wange beissen, das kann fatale Folgen haben. (mein Favorit war übrigens Hubba Bubba).

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Axels Morbus Hodgkin Seite - Stand: 31.08.2016 - E-Mail: axel@hodgkin-info.de